Frische Luft an heißen Tagen

Vor kurzem erhielten wir zwei große Pakete von einem Unterstützer unseres Vereins, der Eigentümer eines Fertigungsbetriebes ist und uns verschiedene Dreh- und Frästeile zu einem sehr günstigen Preis hergestellt hat. Dafür sind wir ihm sehr dankbar! Die Teile gehören zum Prototyp eines Lüftungsaufsatzes für die Seitenfenster in unserem Gartenschauwagen 714. Dabei handelt es sich um sogenannte Kiemenlüfter, alternativ vom einstigen Hersteller auch unter der Markenbezeichnung Liventa-Lüfter vertrieben.

Leider ist von diesen Bauelementen in Stuttgart nur eine sehr grobe Übersichtszeichnung erhalten geblieben, keine Einzelteilzeichnungen und nur sehr wenige Maßangaben. Auch der Markenname ist offenbar weitgehend in Vergessenheit geraten, selbst Spuren des Herstellers lassen sich im Netz kaum finden. Das war der Ausgangspunkt, als wir vor gut zwei Jahren damit begannen, ernsthaft die Rekonstruktion dieser Ausstattung anzugehen, die die SSB zur Vereinfachung der Fahrzeugwartung in den schweren Nachkriegsjahren bereits bis 1949 durch einfache Klappfenster ersetzt hatte.

Erste Schritte waren die Recherche unseres Projektleiters im Tram-Museum Zürich und ein uns von Schweizer Freunden zur Verfügung gestellter Zeichnungssatz der dortigen Liventa-Lüfter (dafür ein herzliches Dankeschön an den ehemaligen Präsidenten des TMZ). Ebenso notwendig wie auch hilfreich war natürlich das Auffinden und das genaue Studieren von einigen (angesichts der Zeitumstände doch erstaunlich zahlreichen) Fotos aus jener Zeit. Nichtsdestotrotz war dies natürlich nur der Anfang für jede Menge Kopfzerbrechen und Knobelei, bis tatsächlich herstellbare Einzelteilzeichnungen vorlagen und Firmen gefunden waren, die sich auf eine Unterstützung dieses “Experiments” einlassen wollten. Schließlich reden wir hier einerseits von teils sehr filigranen Teilen mit wenigen Millimetern Durchmesser, aber auch von schmalen, komplex geformten Aluminiumleisten mit fast anderthalb Metern Länge.

Aus der Werbung für unser Restaurierungsprojekt ist dem einen oder anderen dieses Typenfoto der nagelneuen Gartenschauwagen vielleicht schon bekannt, es lässt die Liventa-Lüfter oberhalb der Seitenfenster gut erkennen. Um eine vertikale Achse drehbare Plexiglasscheiben geben Schlitze frei, durch die Luft ins Fahrzeug hinein- und auch wieder herausströmen kann. (Foto: Archiv SSB)
Diese Zeichnung ist leider alles, was in unseren Archiven zu Aufbau, Abmessungen und Funktion der “Liventa-Entlüfter” übriggeblieben ist. Nur wenige Maße und konstruktive Details sind erkennbar. (Zeichnung: Archiv SSB)
Die Züricher Zeichnungen sind in dieser Hinsicht deutlich besser, aber alle Abmessungen sind natürlich auf die dortigen Fahrzeuge zugeschnitten, nicht auf die der SSB… (Zeichnung: Archiv Städtische Straßenbahn Zürich)
Wir gehen also an die Neukonstruktion. Diverse Kopfzerbrechen und einige graue Haare später kann sich das virtuelle Ergebnis schon sehen lassen, die Zeit für einen realen Prototyp ist gekommen. (Foto: Dominik Broens)
Einige Monate sind ins Land gegangen, aber nun sind die echten Bauteile fertig und hier schon soweit zusammengesetzt, dass die Grundkonstruktion erkennbar wird. Bis auf ein Teil, dass wir etwas nachfräsen mussten, hat tatsächlich alles auf Anhieb gepasst… (Foto: Rüdiger Grabowski)
Also machen wir mal eine erste “Stellprobe” am Fahrzeug. Den Rahmen müssen wir noch final einpassen (das war so geplant 😉 ), ansonsten ist erst einmal alles wie es sein soll. Jetzt folgt noch die Endmontage und anschließend eine kritische Funktionsprobe, damit wir eventuell notwendige Änderungen erkennen. Anschließend werden wir die “restlichen” sieben Liventa-Lüfter in Auftrag geben. (Foto: Rüdiger Grabowski)